Das Thema Luftwurzeln ist heiß diskutiert und wirft viele Fragen auf. Die Aussagen im Netz darüber, wie man Luftwurzeln behandeln soll, widersprechen sich derart, dass man sich fragt, ob alle von unterschiedlichen Dingen reden. Aber was stimmt denn jetzt wirklich?

Welche Pflanzen haben überhaupt Luftwurzeln?

Luftwurzeln werden von epiphytisch wachsenden Pflanzen ausgebildet. Das sind Pflanzen, die auf anderen Pflanzen, meist Bäumen, wachsen. Die gängigsten Vertreter sind, Monsteras, Orchideen, Philodendren, Bromelien, aber auch manche Kakteen. Da sie meist in schwindelerregender Höhe hängend, griechend oder kletternd wachsen und ihnen die Verbindung zum Boden fehlt, haben sie eine Strategie entwickelt, anderweitig an Wasser und Nährstoffe zu gelangen.

Worin unterscheiden sich Luftwurzeln von Bodenwurzeln? Jetzt wird’s deep:

Anders als gewöhnliche Boden- oder Erdwurzeln bilden Luftwurzeln fast oder gar keine Haarwurzeln (Feine Haarwurzeln vergrößern die absorbierende Oberfläche um ein Vielfaches und können so engen Kontakt zu den Bodenpartikeln aufnehmen.) und sind oft wenig verzweigt. Sie sind stattdessen besonders bei Orchideen, aber auch bei anderen Aronstabgewächsen, von Velamen radicum (lateinisch: velamen = Hülle, Gewand, Schleier; radix = Wurzel) umhüllt. Das ist ein Gewebe aus abgestorbenen Zellen, was eine schwammähnliche Struktur hat, und Wasser und darin gelöste Nährstoffe schnell aufnehmen, speichern und an die Durchlasszellen der Exodermis weitergeben kann. Hast du schon einmal eine Art Flaum an den Luftwurzeln deiner Pflanze entdeckt? Genau das ist das Velamen. Manche Arten von Luftwurzeln sind sogar in der Lage, an Stelle der Laubblätter Photosynthese zu betreiben.

Welche Funktion haben Luftwurzeln genau?

Eine Hauptfunktion von Luftwurzeln besteht darin, Stabilität für die Pflanze zu gewährleisten. Indem sie in Felsspalten kriechen und sich dort verankern oder sich um Baumstämme wickeln, verleihen sie der Pflanze mehr Halt und bewahren sie vorm Umkippen oder Abrutschen.

Darüber hinaus spielen Luftwurzeln eine entscheidende Rolle bei der Aufnahme von Wasser und Nährstoffen aus der Umgebung. Dies ist besonders nützlich für Epiphytenpflanzen, da sie selten direkten Zugang zum Erdboden haben. Die Luftwurzeln ermöglichen es ihnen also, Wasser und Nährstoffe aus der luftfeuchten Umgebung zu gewinnen.

‘So weit so gut. Und was mach ich jetzt mit diesen Tentakeln? Es sind so viele…’

Um im Zimmer Herr der Lage zu werden bzw. zu bleiben, ist eine sinnvolle Methode die ‘Transformation’ der Luftwurzeln. Diese Methode gilt besonders für Monsteras:

Aerial roots protrude into the pot of the Monstera

Ganz einfach können Luftwurzeln auch in normale Erdwurzeln umgewandelt werden. Dafür kommen solche Wurzeln in Frage, die recht lang sind und bis zur Erdoberfläche des Topfes reichen und dann werden sie einfach mit in den Topf eingepflanzt. Du kannst das beim nächsten Umtopfen erledigen, oder die Wurzeln oben auf die Erdoberfläche legen und mit Substrat bedecken, wenn deine Monstera eh noch viel Platz in ihrem Topf hat und sich viel loses Substrat oben im Topf befindet. 

Bereits nach nur kurzer Zeit werden sich an den Luftwurzeln der Monstera kleine, feine Haarwurzeln bilden und die Luftwurzel entwickelt sich so zu einer normalen Erdwurzel. Dadurch wird die Pflanze zusätzlich stabilisiert und fest im Boden verankert. Gleichzeitig kann die Versorgung der Pflanze mit Wasser und Nährstoffen verbessert werden.

Alternativen

Schnecke legen (quick fix): Ist die ‘Transformation’ der Luftwurzeln für dich keine Option, kannst du die langen Luftwurzeln auch einfach in einer Schnecke um den Pflanztopf legen. Wenn die Wurzeln beim Biegen um den Topf etwas knacken, ist das halb so wild. Das ist nicht die Wurzel selbst, sondern lediglich die äußere verholze Schicht, die dann gerne mal abblättert. Das schadet der Pflanze aber nicht. 

Die ‘Wurzelschnecke’ ist übrigend auch praktisch wenn mal mal umziehen muss. Einfach die ‘Wurzelschnecke’ zusammenbinden und mit Tape am Topf fixieren. Diese Methode ist allerdings eher als quick fix oder als themporäre Lösung zu sehen, da die Luftwurzeln so natürlich gar keinen Halt für die Pflanze gewährleisten können und sie auf der Suche nach einer Change sich zu Verankern immer weiter in die Länge wachsen werden.

Aerial roots were placed around the pot as a snail

In die Rankhilfe führen: Eine bessere Alternative ist die Integration der Luftwurzeln in die Rankhilfe. Startest du mit einer kleinen Pflanze, kannst du direkt einen Moosstab oder einen Kokosfaserstab zur Hand nehmen und die Pflanze dicht an der Rankhilfe befestigen. Die Luftwurzeln suchen sich dann ganz von selbst ihren Weg in das Material. 

Auch wenn deine Pflanze schon größer gewachsen ist, kannst du sie immernoch an einer Rankhilfe befestigen, das ist oft nur mit ein bisschen mehr Aufwand verbunden. Als Rankhilfen eignen sich übrigens nicht nur Stäbe sondern auch Mooswände oder mit Moos umwickelte abgestorbene Baumstämme. Diese bieten den Wurzeln reichlich Platz sich einzuweben. Hier kann man richtig kreativ werden und die Luftwurzeln dekorativ drapieren.

Dead tree trunk as a climbing aid
Dead tree as a climbing aid
Branch with moss as a climbing aid

Was sagt mir übermäßiges Luftwurzelwachstum und wie wird ‘übermäßig’ definiert?

Manche Quellen sagen, dass die Bildung von langen Luftwurzeln generell als übermäßig zu definieren ist und immer auf Pflegefehler wie zu wenig Wasser und Nährstoffe und eine fehlende Rankhilfe zurückzuführen ist. Verstehen wir, denn wenn man sich z.B. Monsteras ansieht, die von klein auf fest an einem Moosstab wachsen, sind kaum Luftwurzeln zu sehen, da sie sich alle im Inneren des Moosstabs befinden und ihrer Aufgabe als Haltbringer alle Ehre machen. Aber come on. Nicht jeder startet mit einer jungen Pflanze und kann direkt von Anfang an alles perfekt machen. Also finden wir, dass diese Aussage etwas zu streng und realitätsfern ist und außerdem frustriert. 

Hier und da ein paar Luftwurzeln sind also noch kein Grund sich Sorgen zu machen. Wenn du aber das Gefühlt hast, dass deine Pflanze wirklich exzessiv Luftwurzeln schiebt und du nicht mehr weißt, wohin damit, dann kannst du durchaus etwas an deiner Pflanzenpflege schrauben: Achte darauf, dass deine Pflanze in der warmen Jahreszeit regelmäßig und ausreichend mit Nährstoffen und Wasser versorgt wird. Falls du einen Kletterer zu Hause hast, sorge außerdem für eine stabile Kletternhilfe, die eine rauhe Oberfläche hat (Moosstab oder Kokosfaserstab). Ziehe eventuell die ‘Transformation’ der Luftwurzeln (wie oben beschrieben) in Erwägung.

Auch das Abschneiden von Luftwurzeln, kann die Bildung Neuer fördern, wodurch wir direkt zum nächsten Punkt kommen…

Monstera forms many aerial roots
Orchids with many aerial roots
Monstera with long aerial roots

Luftwurzeln abschneiden oder lieber nicht?

Einzelne Luftwurzeln können abgeschnitten werden, wenn sie stören oder faulen. Es sollten aber niemals alle oder viele entfernt werden, da dies die Pflanze schwächt und stresst. Sind Luftwurzeln beschädigt oder gar vertrocknet/abgestorben und bieten keinen Halt mehr, sollten sie nah am Stamm der Pflanze abgeschnitten werden. Achte dabei auf Folgendes:

  • Verwende ein scharfes Messer oder eine scharfe Gartenschere
  • Das Werkzeug sollte sauber bzw. desinfiziert sein
  • Schneide nah an der Sprossachse
  • Verschließe die Wunde mit Aktivkohle oder anderen Wundverschluss-Produkten

Luftwurzeln kürzen: Ja, du kannst eine Luftwurzel kürzen, anstatt sie komplett abzuschneiden. So können sie weiterhin ihrer Funktion nachkommen. ABER: Oft kommt es dann zu Fäulnis in der gekürzten Luftwurzel und sie stirbt ab. Mit etwas Pech sucht sich die Fäulnis ihren Weg bis in die Pflanze und sie erkrankt.

Kann ich die Luftwurzeln zur Vermehrung nutzen?

Abmoosen: Im Gegensatz zu herkömmlichen Methoden besteht hier kein Risiko, den Ableger zu verlieren. Beim Abmoosen wird das Ende der Luftwurzel in eine mit Moos gefüllte Folie gesteckt. Das Moos muss jetzt über mehrere Wochen feucht gehalten werden. Dadurch bildet die Luftwurzel Haarwurzeln und transformiert zur Bodenwurzel, während sie noch mit der Mutterpflanze verbunden ist. Sobald das neue Wurzelwerk gut ausgeprägt ist, kann der Ableger von der Mutterpflanze getrennt und eingetopft werden.

Wasserglas: Stecke deine Luftwurzel in ein Glas mit kalkarmem Wasser. Tausche das Wasser alle paar Tage aus, um Fäulnis zu vermeiden. Bald bilden sich Wurzeln an der Luftwurzel, du kannst den Ableger von der Mutterpflanze trennen und einpflanzen.

Was kann man tun, um Luftwurzeln gesund zu halten?

Ausgetrocknete Luftwurzeln einer Orchidee

Vertrocknete Luftwurzeln: Das ist ein Zeichen von zu geringer Luftfeuchtigkeit. Besprühe die Wurzeln regelmäßig mit kalkarmem Wasser oder nutze einen Luftbefeuchter.

Faulige Luftwurzeln: Du gießt vermutlich zu viel. Stelle sicher, dass deine Pflanze zwischen den Wassergaben immer gut abtrocknen kann. Es kann auch sein, dass die Luftwurzeln beschädigt wurden. Bemerkst du, dass sich die Fäulnis immer weiter ihren Weg Richtung Pflanze sucht, gehe so vor, wie im Punkt ‘Luftwurzeln abschneiden oder nicht?’ beschrieben.

Rotten aerial roots of an orchid

Was ist dran an dem Tipp, die Luftwurzeln in ein Wasserglas zu stecken, während ich im Urlaub bin?

Luftwurzeln in Wasser zu stecken ist erst einmal nicht ungewöhnlich oder falsch (siehe Wasserglasmethode). Eine Luftwurzel in ein Wasserglas zu stecken, während du im Urlaub bist, um die Pflanze mit Wasser zu versorgen, ist also an sich erst mal keine total schlechte Idee. Jedoch kann es immer zu Fäulnis an der Luftwurzel führen. Das Wasser in dem Glas alle paar Tage auszutauschen, ist essenziel. Das ist nur nicht möglich, während du im Urlaub bist. 

Wir finden, die bessere Lösung ist es deshalb, eine Urlaubs-Gießhilfe zu organisieren, die deine grünen Freunde versorgt, während du nicht da bist. Mit der Share-Funktion in der FYTA App, kannst du deine Pflanzen mit Freunden teilen und sie müssen nur dann bei dir vorbeischauen, wenn sie eine Benachrichtigung bekommen haben.

Wenn du erfahren willst, was du tun kannst, um deine Pflanzen mit Wasser zu versorgen, während du im Urlaub bist, dann klicke hier.

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