

Cola ist vieles: Koffein-Kick, Zuckerbombe, Designobjekt, Haushaltsreiniger – und seit einiger Zeit auch angeblich ein pflanzenfreundlicher Dünger. In Foren und Social-Media taucht die braune Brause als Geheimwaffe gegen Pflanzenschwäche auf. „Meine Pflanzen lieben Cola!“, heißt es da. Was auf den ersten Blick skurril klingt, scheint bei manchen sogar zu funktionieren. Aber was steckt wirklich hinter diesem Trend?
Tatsächlich enthält Cola Inhaltsstoffe, die theoretisch pflanzenfreundlich sein könnten: Phosphorsäure, eine Komponente, die auch in konventionellen Düngern zum Einsatz kommt, spielt eine wichtige Rolle im Zellstoffwechsel der Pflanze. Dazu kommt der hohe Zuckergehalt – in der Forschung wird Zucker in Form von Glukose in Nährlösungen eingesetzt, um Zellwachstum zu fördern. Und ja: Auch Pflanzen können Kohlenhydrate in gewissem Maße über die Wurzeln aufnehmen.
Doch was im Labor unter kontrollierten Bedingungen funktioniert, ist nicht eins zu eins auf den Wohnzimmerdschungel übertragbar. Cola ist eben keine sterile Nährlösung. Neben Phosphor enthält sie vor allem viel Zucker, Koffein, Farbstoffe, Kohlensäure – und eine ziemlich aggressive Säure. Und genau diese Mischung macht sie für viele Pflanzen zu einer kleinen Zeitbombe.
Ein Schluck Cola mag in der Theorie Mikroorganismen im Boden anregen: Zucker wirkt als sofort verfügbare Energiequelle und kann mikrobielle Aktivität befeuern – was wiederum Nährstoffe freisetzt, die der Pflanze zugutekommen. So weit, so plausibel. Doch in der Praxis sieht es anders aus: Die meisten Zimmerpflanzen stehen nicht in lebendiger Erde („Living Soil“), sondern in sterilem Substrat – also in einem Mix aus Torf, Kokos, Perlite oder Rindenstücken, der aus hygienischen Gründen weitgehend mikrobenfrei ist. Von echtem Bodenleben kann hier keine Rede sein.
Was bleibt, ist Zucker im Substrat – und der zieht die falschen Gäste an: Schimmelsporen, gärende Bakterien und unerwünschte Prozesse, die das mikrobielle Gleichgewicht stören können. Vor allem in feuchtem Milieu wird aus dem vermeintlichen Boost ein gärender Albtraum. Dazu kommt: Der pH-Wert von Cola liegt bei rund 2,5 – das ist saurer als Essig. Einige Pflanzen mögen leicht saure Böden, aber so ein Extremwert ist für die meisten schlicht toxisch – vor allem bei wiederholter Anwendung.
Warum berichten manche Pflanzenfreunde trotzdem von positiven Effekten nach dem Cola-Gießen? Dafür gibt es mehrere plausible Erklärungen – auch ganz ohne magische Wirkung des Getränks. In großen Töpfen mit durchlässigem Substrat kann ein kleiner Cola-Schluck schlicht so stark verdünnt werden, dass kein echter Schaden entsteht. Das erklärt, warum die Pflanze „überlebt“, aber nicht, warum sie scheinbar besser wächst.
Ein Teil der Erklärung könnte im psychologischen Bereich liegen: Wer eine ungewöhnliche Maßnahme wie Cola-Gießen ausprobiert, schenkt seiner Pflanze in der Regel mehr Aufmerksamkeit. Vielleicht wird häufiger gegossen, der Standort angepasst oder gezielter beobachtet. Schon allein das kann ausreichen, um das Wohlbefinden der Pflanze messbar zu verbessern – ein Effekt, der in der Forschung als Beobachtungseffekt oder Hawthorne-Effekt bekannt ist. Kurz gesagt: Wer genauer hinsieht, handelt oft auch bewusster.
In kleinen Mengen und als einmalige Maßnahme kann Cola bei stark zehrenden Pflanzen vielleicht kurzfristig Effekte zeigen. Doch als ernstzunehmende Pflegemethode taugt sie nicht – zu unausgewogen, zu säurehaltig, zu unkontrolliert. Wer seinen Pflanzen dauerhaft etwas Gutes tun will, sollte sich lieber auf fundiertes Wissen, gesunde Substrate und eine datengestützte Pflege verlassen. Mit FYTA geht das sogar, ohne den Überblick zu verlieren.