FYTA Meets: Pflanzen ein Zuhause geben

Ekaterina Kovalenko ist Künstlerin, genauer genommen Bildhauerin. Ihr bevorzugtes Medium ist Keramik, und Menschen stehen in ihren Arbeiten im Vordergrund. In ihren oft sehr sinnlichen Skulpturen werden Körperteile aneinander geknetet, gestapelt oder ausgehöhlt. Köpfe, Hände, Arme und Brüste strecken sich in alle Richtungen. Manche Schutz suchend, manche Schutz bietend – für andere Menschen, aber immer wieder auch für Pflanzen. 
Katya ist in Moskau aufgewachsen. An der dortigen Kunstakademie hat sie sechs Jahre lang klassische Kunst studiert. Sie ist zu diesem Zeitpunkt die einzige Frau, die den Schwerpunkt Skulptur gewählt hat. Und wenn sie einmal dabei ist, dann richtig: large scale sculptures – groß, fett, unübersehbar. Das hat nicht allen gefallen.

Als sie in einem Gewächshaus ihre Werke ausstellt, stört sich der Facility Manager an ihren Skulpturen und verunglimpft sie als “obszönen Scheiß”. In Moskau haben Künstler:innen nicht so viel zu sagen, Facility Manager schon. Die Ausstellung wird dicht gemacht, Katya muss gehen. Said and done.
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"Du musst sie am Leben halten, sonst stirbt auch die Erinnerung!"

Also ist sie vor zwei Jahren nach Berlin gezogen. Platz für ihre großen Skupturen gibt es in ihrer kleinen Wohnung in Wilmersdorf leider nicht, für kreative Freiräume aber schon. Also beginnt sie ihre großen Ideen in Miniaturen umzusetzen. Um menschliche Körper geht es immer noch, und so Fragen wie: Wie fühlen sich Menschen in ihren Körpern? Ist er nur eine unbedeutende, funktionierende Hülle, in der man sich unter Umständen gefangen und missverstanden fühlt, oder ein warmes Zuhause, dass einem Geborgenheit verspricht? Und darf man in seinem Körper einen anderen wachsen lassen? Bekommt man Kinder aus dem narzisstischen Wunsch nach Unsterblichkeit? Katya verarbeitet diese tiefgreifenden Fragen mit viel Leichtigkeit und Fantasie.

Zu Pflanzen hat sie eine besondere Beziehung: Schon als Kind wollte sie immer schon von vielen umgeben sein, auch wenn ihre anfänglichen Versuche meist darin endeten, dass die Pflanzen hops gingen. Mittlerweile läuft es etwas besser.

Früher hat sie Pflanzen als Ableger von ihren Freund:innen erhalten, heute bringt Katya oft welche von ihren Reisen mit. In ihrer Wohnung findet man keine hippen Trendpflanzen, sondern lebendige Souvenire aus Sizilien, Ostdeutschland, Italien. “Man kann sie nicht einfach wegschmeißen, du musst sie am Leben erhalten, sonst stirbt auch die Erinnerung!” Und das wäre schade.

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"Pflanzen sind meine Gefangenen"

Dennoch sieht sich Katya nicht als plant parent. “Ich bin einfach nicht besonders gut darin, sie zu pflegen. Manchmal komme ich mir eher vor wie ein Dieb, oder schlimmer, wie ein Kidnapper. Die Pflanzen sind meine Gefangenen.” Der Gedanke, dass sie Macht über das Leben einer Pflanze hat, gefällt ihr nicht so richtig. Vielleicht gibt sie sich deshalb so viel Mühe, ihnen ein sicheres Zuhause zu geben. In ihren Arbeiten halten und umarmen die Körperteile die Pflanzen und feuern sie regelrecht zum Wachsen an. Und dabei schaut Katya ihnen gerne zu. Die Ruhe, die sie ausstrahlen, den Frieden, den sie verbreiten. Manche wachsen schnell, andere langsam, jede hat ihren Rhythmus. “Besonders, wenn du Pflanzen selber ziehst, aus Ablegern oder Samen, bringen sie dir eines bei: Geduld!”

Am liebsten mag Katya Sukkulenten, denn wenn sie sich in ihren Keramiken zu Hause fühlen, wachsen und gedeihen, werden sie selbst zu Skulpturen mit ihren Formen und Proportionen, nur eben in grün und lebendig.
 
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